Richtlinien

Bilanzgruppe für Erneuerbare Energien

Richtlinie der Bilanzgruppe für Erneuerbare Energien (BG-EE) für Produzenten zur Aufnahme und den Betrieb von Produktionsanlagen mit Lastgangmessung (LGM)

Das Bundesamt für Energie hat swenex – swiss energy exchange Ltd, 6010 Kriens, beauftragt, ab dem 1. Januar 2019 die Bilanzgruppe für Erneuerbare Energien (nachstehend BG-EE genannt) zu führen.

Gemäss Stromversorgungsverordnung Art. 24, Abs. 2 hat der Verantwortliche der BG-EE (nachfolgend BGV-EE genannt) Richtlinien festzulegen, welche die transparente und diskriminierungsfreie Einspeisung von Elektrizität zum Referenzmarktpreis nach den Art. 14 Abs. 1 oder Art. 105 Abs. 1 der Energieförderungsverordnung vom 1. November 2017 10 (EnFV) regeln. Die Richtlinien werden vom Bundesamt für Energie genehmigt.

Die vorliegende Richtlinie für Produzenten einschliesslich eventueller Beilagen, Anhänge und Formulare verwendet die Begriffe gemäss den gesetzlichen Grundlagen:

  • Energiegesetz: EnG (SR 730)
  • Energieverordnung: EnV (SR 730.01)
  • Energieförderungsverordnung: EnFV (SR 730.03)
  • Stromversorgungsgesetz: StromVG (SR 734.7)
  • Stromversorgungsverordnung: StromVV (SR 734.71)

1     Geltungsbereich

Die vorliegende Richtlinie gilt ausschliesslich für Anlagenbetreiber (nachfolgend Produzent) mit Vergütung zum Referenz-Marktpreis, deren Anlage über eine Lastgangmessung oder ein intelligentes Messsystem (Smart Meter) verfügen. Die produzierte elektrische Energie aus den betroffenen Anlagen wird in der BG-EE bilanziert.

2     Gegenstand der Richtlinie

Der BGV-EE übernimmt vom Produzenten während der unter Ziffer 4 definierten Dauer die produzierte elektrische Energie gemäss den gesetzlichen Bestimmungen in seine BG-EE und verkauft diese am Markt (Art. 27 Abs. 1 EnFV).

Da Strom in grossen Mengen nicht speicherbar ist, muss der BGV-EE täglich eine Prognose der zukünftig zu übernehmenden Energiemenge erstellen. Abweichungen zwischen der Energieproduktionsprognose und der effektiv produzierten Energie muss mit Ausgleichsenergie ausgeglichen werden. Je genauer die Prognose erfolgt, desto kleiner fallen somit die Kosten für die Ausgleichsenergie der BGV-EE an.

3     Grundlage und Gültigkeit der Richtlinie

Die vorliegende Richtlinie basiert auf den aktuell gültigen rechtlichen Grundlagen (EnG, EnV, EnFV, StromVG, StromVV, Verordnung des UVEK über den Herkunftsnachweis und die Stromkennzeichnung). Ändern sich die rechtlichen Grundlagen, so wird die Richtlinie ggf. angepasst und muss vom Bundesamt für Energie neu genehmigt werden.

Sämtliche Verträge zwischen den Produzenten und dem bis 31.12.2018 beauftragten BGV-EE wurden per 31.12.2018 gekündigt. Anstelle der Verträge gilt ab 1. Januar 2019 die jeweils aktuelle und vom Bundesamt für Energie genehmigte Richtlinie des neuen BGV-EE.

4     Aufnahme in - und Austritt aus der BG-EE

Der BGV-EE nimmt Produktionsanlagen gemäss Ziffer 1 ab dem 1. Januar 2019 in die BG-EE auf, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: 

  1. Die Meldung der Vollzugsstelle an den BGV-EE betreffend Aufnahme der entsprechenden Produktionsanlage in die BG-EE liegt vor.
  2. Die Meldung eines Verteilnetzbetreibers an den BGV-EE über einen Wechsel von einer «Nicht lastganggemessenen Anlage» zu einer «Lastganggemessenen Anlage» liegt schriftlich vor.
  3. Die aktuelle Richtlinie des BGV-EE wird vom Produzenten in Form einer Bestätigung akzeptiert.

Die Bestätigung der Richtlinie erfolgt in der Regel auf der Webseite bg-ee.swenex.ch (Webportal) für jede einzelne Anlage mittels eines Identifikationscodes. Der Identifikationscode wird dem Produzenten per Mail oder Post zugestellt. Die Aufnahme in die BG-EE erfolgt auf den ersten Kalendertag des nächsten oder übernächsten Monats.

Ein Austritt einer Produktionsanlage aus der BG-EE erfolgt mittels Meldung der Vollzugsstelle an den BGV-EE.

5     Pflichten der Produzenten

5.1  Grundsatz

Die Pflichten der Produzenten gegenüber dem BGV-EE umfassen insbesondere:

  • Meldung von Anlagendaten und von Produktionsfahrplänen bei Anlagen mit Fahrplanproduktion (siehe Ziff. 5.2. Bst. a) an den BGV-EE
  • Sicherstellen der allgemeinen Betriebsfähigkeit der Produktionsanlage (siehe Ziff. 5.3)
  • Meldung von vorhersehbaren Produktionsunterbrüchen wie z.B. Revisionen (siehe Ziff. 5.3)
  • Meldung von unvorhersehbaren Produktionsunterbrüchen bei Anlagen ab 100 kW (siehe Ziff. 5.3)
  • Mitwirkungspflicht bei der Messung und Datenlieferung (siehe Ziff. 5.4)

5.2  Meldung von Anlagendaten und Produktionsfahrplänen an den BGV-EE

Der Produzent ist verpflichtet, seine Anlagendaten in einer vom BGV-EE vorgegebenen Form auf dem Webportal zu melden. Der BGV-EE kann diese Daten der Vollzugsstelle zur Verfügung stellen.

Bei der Energielieferung wird zwischen zwei Produktionsarten unterschieden: Einerseits die Fahrplanproduktion und andererseits die wetter- oder substratabhängige Produktion.

  1. Anlagen > 100 kW Leistung mit Fahrplanproduktion:

    Zu diesen Anlagen gehören typischerweise aktiv fahrplangesteuerte Biomasseanlagen (z.B. KVA) oder aktiv fahrplangesteuerte Kleinwasserkraftwerke.

    Das Wetter hat bei dieser Art von Anlagen keinen direkten Einfluss auf die produzierte Energiemenge. Weil hier der Produzent die Energieproduktion durch Steuerung oder Regelung optimiert, ist die Lieferung eines Produktionsfahrplans notwendig. Die Meldung der Produktionsfahrpläne hat monatlich, jeweils 5 Arbeitstage vor Monatsbeginn, mittels E-Mail gemäss Vorlage (Webseite bg-ee.swenex.ch) zu erfolgen (erstmals am 24. Januar 2019). Änderungen sind spätestens bis 8 Uhr am Vortag zu melden.

  2. Anlagen ≤ 100 kW Leistung sowie Anlagen mit wetter- oder substratabhängiger Produktion

    Hierzu gehören typischerweise Photovoltaik- und Windenergie-Anlagen sowie nicht aktiv gesteuerte oder prognostizierbare Biomasse- und Kleinwasserkraftwerke.

    Bei diesen Anlagen ist das Wetter oder die Substratmenge der hauptsächliche Einflussfaktor auf die Produktionsmenge. Um die Energielieferung dieser Anlagen durch die BG-EE möglichst prognostizierbar zu machen, hat der Produzent sicherzustellen, dass an den Produktionsanlagen keine willkürlichen Produktionssteuereingriffe vorgenommen werden. Es muss kein Fahrplan eingereicht werden, aber alle zur Verfügung stehenden Informationen über die voraussichtliche Fahrweise der Anlage müssen dem BGV-EE unaufgefordert gemeldet werden.

5.3  Betriebsfähigkeit der Produktionsanlage und Produktionsunterbrüche

Die Produzenten haben sicherzustellen, dass an den Produktionsanlagen keine willkürlichen Produktionssteuereingriffe vorgenommen werden. Weiter verpflichtet sich der Produzent, seine Anlage regelmässig zu warten und den einwandfreien Betrieb sicherzustellen.

Voraussehbare Produktionsunterbrüche müssen dem BGV-EE mindestens 5 Arbeitstage im Voraus gemeldet werden. Die Kommunikation erfolgt mittels E-Mail gemäss Vorlage.

Unvorhersehbare, kurzfristige Produktionsunterbrüche müssen von allen Produzenten mit Anlagen ab einer Leistung von 100 kW an den BGV-EE schnellstmöglich – das heisst innert 60 Minuten nachdem der Produktionsausfall durch den Betreiber erkannt wurde - gemeldet werden. Kann der Produktionsunterbruch innerhalb einer Stunde repariert werden, ist keine Meldung erforderlich. Die Kommunikation erfolgt mittels E-Mail an fahrplan.bgee@swenex.ch. Verfügt eine Anlage über ein automatisiertes Meldesystem, sind produktionsrelevante Änderungen dem BGV-EE zu melden.

Der BGV-EE ist berechtigt, Daten zu Produktionsunterbrüchen an die Vollzugsstelle weiterzugeben.

5.4  Messung und Datenübermittlung

Gemäss Artikel 8 Absatz 1 StromVV ist der lokale Verteilnetzbetreiber für die Messung der produzierten Energiemengen aus der Produktionsanlage und die tägliche Weiterleitung der Messdaten an den BGV-EE gemäss den aktuellen Branchendokumenten Metering Code (MC) und Standardisierter Datenaustausch (SDAT-CH) verantwortlich. Der Produzent ermöglicht dem örtlichen Netzbetreiber, diese Aufgaben uneingeschränkt wahrzunehmen. Der Netzbetreiber liefert mit dem Einverständnis des Produzenten auf Begehren des BGV-EE zusätzliche Daten und Informationen zur Optimierung des Prognoseprozesses (Artikel 8 Absatz 4 StromVV). Der BGV-EE ist berechtigt, die Daten nach Bedarf an Swissgrid und an die Vollzugsstelle weiterzuleiten. Der Produzenterteilt hierzu seine ausdrückliche Zustimmung.

6     Teilnahme an Systemdienstleistungen (SDL) der Swissgrid

Verkauft ein Produzent den Strom seiner Produktionsanlage oder einen Teil davon der Swissgrid als Regelenergie, erhält der Produzent keine zusätzliche Vergütung mehr für die als Regelenergie zur Verfügung gestellte Produktion (Artikel 26 Abs. 4 der Stromversorgungsverordnung).

Anlagen, die am Regelmarkt der Swissgrid teilnehmen, dürfen durch ihre Teilnahme der BG-EE keine zusätzlichen Kosten verursachen. Insbesondere muss die Ausgleichsenergie mit oder ohne Abruf der Regelenergie im Mittel gleich bleiben. Der Produzent ist angehalten, den Systemdienstleistungsverantwortlichen (SDV) auf diesen Sachverhalt hinzuweisen. Der SDV seinerseits muss die vom VSE und Swissgrid definierten Prozesse und Reglemente einhalten.

7     Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Pflichten

Der BGV-EE untersteht gegenüber dem Bundesamt für Energie einem strengen Bonus/Malus-System bezüglich der Prognosegüte. Er ist somit auf genaue und verlässliche Daten und Informationen der Produzenten sowie der Messdienstleister angewiesen.

Wenn der Produzent seinen Verpflichtungen insbesondere gemäss Ziffer 5.2 (Fahrpläne) und Ziffer 5.3 (Meldepflichten) der vorliegenden Richtlinie nicht nachkommt, fallen der BGV-EE ausserordentliche Aufwendungen oder Kosten (Pönalen) als Folge an. Diese Aufwendungen kann der BGV-EE dem verursachenden Produzenten weiterverrechnen.

Kosten für den Produzenten fallen erst nach Berücksichtigung des Portfolioeffektes innerhalb der BG-EE an. Die Kosten beschränken sich auf höchstens 20 Prozent der Ausgleichsenergiekosten1 , die aufgrund der Nichteinhaltung der Pflichten des Produzenten entstanden sind 2.

Bei wiederholter fehlender oder mangelhafter Datenlieferung durch den verantwortlichen Verteilnetzbetreiber ist der BGV-EE berechtigt, für die betroffenen Produktionsanlagen synthetische Messdaten-Zeitreihen zu verwenden.

Der BGV-EE koordiniert die Fälle der mangelhaften/fehlenden Datenlieferungen mit Swissgrid und dem zuständigen VNB.

8     Kontaktdaten BGV-EE

swenex – swiss energy exchange Ltd

BG-EE

Nidfeldstrasse 1

Postfach 2260

CH-6010 Kriens 2

services.bgee@swenex.ch

Kriens, den 10. Dezember 2018

swenex – swiss energy exchange Ltd

Genehmigungen:




1 Ausgleichsenergiekosten sind Kosten, die zum Ausgleich der Elektrizitätsdifferenz zwischen dem effektiven Bezug (bzw. der Lieferung) einer Bilanzgruppe und deren Bezug (bzw. deren Lieferung) nach Fahrplan entstehen. Die Kosten betragen im Schnitt ca. 40% des entsprechenden Energiepreises an der Börse.

2 Folgende Beispielrechnung soll die Pönale illustrieren: Ein geplanter Produktionsunterbruch von einem Tag wird für ein Wasserkraftwerk mit 400 kW Leistung nicht gemeldet. Die Abweichung beträgt (vereinfacht): 400 kW * 24h = 9600 kWh. Dank der Verschachtelung durch umgekehrte Abweichungen von anderen Kraftwerken (Portfolioeffekt) reduziert sich die tatsächlich verursachte Ausgleichsenergie um die Hälfte: 4800 kWh. Bei einem (eher hohen) Ausgleichsenergiepreis von 20 Rp/kWh ergäbe dies eine Pönale von 4800 kWh * 20 Rp/kWh * 20% = 192 Franken.